Ich muss zugeben, das Kofferpacken kurz vor der Abreise gehört nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Es sammeln sich immer mehr elektronische Geräte an, die alle mitgenommen werden wollen. Wäre es nicht nett, zumindest ein Ladekabel für alle Teile zu haben? Auch im Bereich der Netzwerktechnologien gibt es ein ähnliches Problem: die Interoperabilität von Komponenten.
Zugegeben, bei Netzwerken ist das Thema Interoperabilität – also die Kommunikation von Komponenten verschiedener Hersteller – etwas komplexer als bei dem Urlaubsbeispiel. Das Ziel der “offenen Netzwerke” bedeutet mehr Transparenz, vor allem aber ganz neue Freiheiten bei der Gestaltung der Netzwerkarchitektur. Statt sich ständig mit Kompatibilitätsproblemen herumzuärgern, arbeiten die verschiedenen Komponenten aufgrund von offenen Standards reibungslos zusammen. Oder um kurz zu dem eingangs beschriebenen Beispiel zurückzukehren: Nicht nur Fotoapparat und Tablet-PC haben das gleiche Ladekabel, sondern auch noch der E-Book-Reader. Im Idealfall lassen sich selbst die gespeicherten Daten problemlos zwischen den drei Geräten transferieren. Für das Netzwerk eines Benutzers bedeutet Interoperabilität also weniger überflüssiges “Gepäck”, wenn ein neues Element hinzukommt. Die gewünschten Netzwerklösungen können herstellerunabhängig miteinander kombiniert werden und Anwender können neue Infrastrukturen und Anwendungen zu jedem Zeitpunkt einführen. Positiver Nebeneffekt: Der Wettbewerb zwischen den Anbietern steigt, da der Kunde die jeweils beste Lösung auswählen kann und keinen Kompromiss eingehen muss, indem er auf die einzig passende oder am wenigsten aufwändig zu implementierende Komponente zurückgreift.
Das Open Networking-Konzept wird aktuell von einer Reihe von Initiativen vorangetrieben. So gibt es OpenStack, eine Initiative, die offene Standards für Cloud-Computing-Architekturen entwickelt. OpenStack verspricht die Bereitstellung eines Orchestrierungs-Frameworks, das alle Komponenten einer Cloud-Architektur (Rechenleistung, Speicher und Netzwerk) mit Standard-Komponenten und-Schnittstellen zur Verfügung stellt. Somit hat der Kunden eine breitere Produktauswahl für das Rechenzentrum. Für virtualisierte Netzwerke existieren aber noch eine Reihe weiterer Initiativen: OpenDaylight verfolgt das Ziel einer freien Implementierung von Software-Defined-Networking (SDN) sowie Network Functions Virtualization (NFV). Und auch die Open Networking Foundation (ONF) zielt auf die Verbreitung von SDN, indem sie beispielsweise den offenen Standard OpenFlow weiterentwickelt. In dem Verbund sind mittlerweile über 100 Unternehmen vereint. Sowohl etablierte Anbieter, als auch Start-ups engagieren sich bei ONF für die Weiterentwicklung des OpenFlow-Standards.
Übrigens gibt es noch eine Gemeinsamkeit zwischen virtualisierten Netzwerken und der Gepäckthematik: Wenn Sie Ladekabel sparen, bleibt mehr Platz im Koffer für andere Dinge. Wenn Sie Ihr Netzwerk virtualisieren und mit offenen Standards arbeiten, ist Ihr Netzwerk leichter skalierbar und es bleibt auch hier mehr Platz für Wachstum.