Stefan Wendt

ist Partner der Bad Homburger Unternehmensberatung microfin.

Teure Sparsamkeit: Outsourcing im Mittelstand

Neue (Cloud-)Bereitstellungsmodelle werden für mittelständische Unternehmen immer interessanter, CIOs begeben sich dabei aber oft auf dünnes Eis. Was der Mittelstand tun kann, wenn er sich keine Beratung zum Thema IT-Outsourcing leisten kann oder will, erklärt silicon.de-Blogger Stefan Wendt.

Wer denkt, deutsche CIOs wären das Thema Outsourcing leid und angesichts mäßiger Erfolgsbilanzen müde geworden, der irrt: Die Unternehmen wollen laut einer aktuellen Studie mehr IT-Services denn je auslagern. Das liegt auch an neuen (Cloud-)Bereitstellungsmodellen, die ehemals typische Großkonzern-Outsourcings auch für mittelständische Unternehmen interessant machen, manche sogar für KMU.

(Bild: Shutterstock/Wright Studio)
(Bild: Shutterstock/Wright Studio)

Was aber schlüssig klingt und von Providerseite auch als fast risikolos beschrieben wird, bedeutet für den mittelständischen CIO, sich auf dünnes Eis zu begeben. Im Konzernumfeld kümmern sich in der Regel erfahrene Teams um Auslagerungsprojekte, flankiert von einer Rechtsabteilung mit Outsourcing-Fachwissen. Und im Mittelstand? Bleibt meist nur der CIO mit einem diesbezüglich wenig erfahrenen, kleinen Team übrig.

Diese Lücke mit mehr Beratung zu schließen, scheint oft zu teuer. Die scheinbar paradoxe Folge: Genau diese Sparsamkeit kostet nicht selten bares Geld. Denn ohne ausreichendes Know-how auf Kundenseite lassen sich lückenhafte Verträge, oberflächliche Leistungsbeschreibungen, falsche Prämissen kaum vermeiden. Der Provider ist allein durch seine Erfahrung von Anfang an im Vorteil und kann so – durchaus legitim – die Bedingungen zu seinen Gunsten gestalten.

Angesichts der oft langen Laufzeiten von Outsourcing-Verträgen können sich die Kosten oder operativen Nachteile aus für den Kunden unvorteilhaften Auslagerungsprojekten enorm summieren. Die Investition in einen Berater lohnt sich in vielen Fällen – nur ist das nicht im Voraus kalkulierbar.

Ein anderer Fall sind die auch im Mittelstand inzwischen zahlreichen Outsourcings in der zweiten oder sogar dritten ‘Generation’. Hier haben die IT-Führungskräfte im Unternehmen die notwendige technische Erfahrung sammeln können. Ein umfangreiches Beratungsprojekt erscheint deshalb überdimensioniert. Woran es allerdings noch immer fehlt, sind Standardinstrumente, um Anforderungen in solide Projekte umzusetzen. Und so kommen dann doch die Dokumentvorlagen des Providers zur Anwendung, mit den bekannten Risiken und Nebenwirkungen.

Bislang gab es keinen Mittelweg zwischen klassischer Beratung und “Trial and Error”. Jetzt reagiert die Beraterbranche – und hat die ersten Musterdokumente als Produkt zum Festpreis und zur eigenen Weiterverwendung auf den Markt gebracht. Typischerweise sind das etwa Ausschreibungsdokumente, Servicebeschreibungen und Muster-Verträge – also genau die Dokumente, in denen sich die Erfahrung aus früheren Vorhaben widerspiegelt, oder eben auch nicht.

Werden Unternehmensberater jetzt plötzlich zu Wohltätern, sind damit klassische Beratungsprojekte demnächst hinfällig? Keineswegs. Wer hoch spezifische Anforderungen hat und entsprechende Outsourcings durchführt, braucht die Berater weiterhin. Wer aber – gerade als mittelständisches Unternehmen – mit Standardlösungen auskommt und eine Beratung kaum in Betracht zieht, kann damit auf die Standardfehler verzichten.