Heinz Paul Bonn

ist Gründer des Kölner ERP-Spezialisten GUS Group. Der Buchautor und Blogger ist Ehrenmitglied und Vorsitzender des Forums Mittelstand im BITKOM.

Unter der Wolke tobt ein Sturm

Aktuelle Technologien scheinen den Ort, an dem man sich befindet, immer unwichtiger zu machen. Doch das trifft offenbar nicht auf diejenigen zu, die diese Technologien aktiv vorantreiben. Allerdings gibt silicon.de-Blogger Heinz Paul Bonn zu bedenken, dass man nicht unbedingt in die Ferne schweifen muss, um zukunftsträchtige Entwicklungen mitzugestalten.

Durch Cloud Computing, sollte man meinen, verlieren die Standorte an Bedeutung. Wenn Software ubiquitär zur Verfügung gestellt werden kann, dann ist es egal, von wo aus man darauf zugreift. Das ist die reine Lehre aus Anwendersicht.

Aus Anbietersicht scheint es genau anders herum zu laufen. Wenn Software von überall auf der Welt zur Verfügung gestellt werden kann, dann ist es entscheidend, an den Standorten zu agieren, wo die smartesten Leute, die besten Ideen und die kreativste Kultur existieren. Und offensichtlich ist es das, was den agilen Aufsichtsratschef der SAP AG, Hasso Plattner, umtreibt.

Er möchte die rund 6000 Entwickler in Deutschland nicht nur schütteln, um sie aufzurütteln. Er möchte auch den Firmensitz dahin verlagern, wo er selbst längt das Epizentrum des Cloud-Bebens lokalisiert hat – ins kalifornische Silicon Valley, nach Palo Alto, wo er selbst seit Jahren wohnt.

Die zukünftige Cash Cow der zukünftigen SAP SE hingegen, die In-Memory-Datenbank HANA, wurde in wesentlichen Teilen am Plattner-Institut in Potsdam entwickelt. Und die neue auf HANA basierende SAP Business Suite wird mindestens so intensiv von europäischen Anwendern im Piloteinsatz getestet wie in den USA.

Dennoch ist das Gras in Kalifornien durch Hasso Plattners Brille gesehen grüner.

Deutschland, so macht er in immer lauter werdenden Zeitungsinterviews und in immer schwieriger durch die Belegschaft in Walldorf zu verdauende interne Memos deutlich, ist einfach kein Standort für das schnelle Geschäft mit dem Cloud Computing. Der Wow-Effekt findet bei den Präsentationen auf dem biederen Walldorfer ERP-Hof einfach nicht statt. Im Silicon Valley hingegen glänzen die jungen Start-ups mit den Smart-Apps bei ihren Pitches vor Venture Capitalists.

SAP spielt offensichtlich die umfassende Neuordnung der Welt in der eigenen Nussschale nach: Deutschland ist als Standort einfach nicht sexy genug und SAP verträumt – weich gebettet in den Pfühlen der stetig fließenden Wartungseinnahmen ihrer auf Jahre durch horrende Investitionen gebundenen globalen ERP-Kunden – die Zukunft. Deutsche Entwickler, so könnte man Plattner interpretieren, haben den Kopf nicht in den Wolken, sondern im Sand.

Derzeit scheint Plattner allerdings das exakte Gegenteil von dem zu erreichen, was er bezwecken möchte. Die Walldorfer Programmierer, die mit einem Durchschnittsalter von 38 Jahren in der Tat den personell ältesten Entwicklungsstandort der SAP repräsentieren, fühlen sich angesichts der Verlagerungsdebatte und der Demotivationsmails eher verunsichert bis verunglimpft. Das wäre in der Tat verdorrtes Gras, auf dem Kreativität eine seltene Blume wäre.

Vielleicht aber schaut Plattner nur auf den nächsten Trend – den offensichtlichen – und übersieht dabei den übernächsten Trend, der für den Standort Deutschland äußerst chancenreich ist. Die Kanzlerin hatte jetzt im Umfeld ihrer Sondierungsgespräche auf der Suche nach einer belastbaren Koalition auch eine Richtlinie für eine einheitliche Internet- und Industriepolitik formuliert. Wir werden, meinte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft, dies vor allem in der Automobilindustrie, im Maschinenbau und in der chemischen Industrie beweisen. “Hier muss Deutschland Weltspitze sein, und darauf müssen wir besonders achten”, sagte die Kanzlerin, die weiterhin drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung auszugeben plant.

Die globalen Automobilbauer, Maschinenbauer und Chemieunternehmen sind in ihrer überwiegenden Zahl SAP-Kunden. Diese Anwender haben SAP groß gemacht. Und sie erwarten jetzt von ihrem IT-Hoflieferanten Initiativen in Richtung Industrie 4.0. Es wäre das Premium-Assignment für die Walldorfer Entwickler, der nicht in flotten Präsentationen, sondern durch fitte Prozessinnovationen befördert wird. Das wäre eine frische Brise unter der Walldorfer Gewitterwolke.



  1. Innovatives ERP Cloud Computing in Deutschland ist möglich!

    Innovation ist eine Angelegenheit der Mentalität. Herr Bonn beschreibt hier einen Prozess in einem großen und erfolgreich gewordenen Konzern, der SAP. Die Probleme der SAP sind aber konzern- und hausgemacht und damit interne durch das Management zu lösende Themen.

    Nicht der Standort Deutschland ist das Problem der SAP, sondern deren Erfolg im klassischen – heute bereits veralteten – ERP Bereich. Maximalen Ertrag erzielt man fast immer mit gereiften und fertigen Produkten – die aber häufig, so wie R/3 – bereits in die Jahre gekommen sind. Innovative Anwendungen kosten Zeit, Intelligenz, harte Anstrengung und viel Geld.

    Wer “satt” ist tut sich schwer damit. Die SAP in Deutschland ist über satt. Die Folge ist “Innovationswüste”. Daher möchte Herr Plattner an einen Ort wechseln, an dem Innovation gepriesen wird und nicht nur Ertrag. Ergo, er traut seinem eigenen Management nicht zu, das dieses den Konzern auf Innovation getrimmt bekommen.

    Wir, die Scopevisio AG aus Bonn, zeigen wie mit Hunger, Ehrgeiz, Anstrengung und Können modernstes Pure Cloud Computing als Cloud Unternehmenssoftware (ERP & CRM & DMS Suite) mitten in Deutschland entstehen kann. SAP Business By Design war gestern, Scopevisio Design Your Business ist heute.

    Innvoation auf Weltniveau ist auch in Deutschland möglich. Man muss nur hungrig genug sein.

    Scopevisio … so geht Innovation!

    Jörg Haas
    Gründer Scopevisio AG, Bonn