Gartner

Das Team der deutschen Gartner Analysten bloggt für Sie über alles was die IT-Welt bewegt. Mit dabei sind Christian Hestermann, Frank Ridder, Bettina Tratz-Ryan, Christian Titze, Annette Zimmermann, Jörg Fritsch, Hanns Köhler-Krüner, Meike Escherich und Helen Poitevin.

Vertrauen kommt von trauen

Wir leben in turbulenten Zeiten. Im Zentrum stehen Finanzwelt und Politik. Beide haben viel Vertrauen verspielt. Der IT kann’s nicht egal sein, weil das Unwetter nicht über ihren Köpfen vorüberzieht, sondern mit voller Wucht auf sie niederprasselt, sagt silicon.de-Blogger Carsten Casper.

Beispiel eins: Weil allerorten das Budget knapp ist, sucht die IT nach Skaleneffekten. Hebelwirkung sozusagen. Einmal einen Vertrag abschließen und dann mehrfach nach Bedarf nachkaufen. Ich will aufs Cloud Computing hinaus. Das gefällt der Finanzwelt ganz gut, denn da kann man augenscheinlich schön sparen. Das gefällt der Politik aber gar nicht, denn da verliert das Land zu viel Kontrolle und deswegen will am liebsten jede Nation ihre eigene Cloud. Was dem Grundkonzept “eine für alles” irgendwie zuwiderläuft. Konkret regt sich ganz Europa über den US Patriot Act auf, und darüber, dass die Amerikaner damit klammheimlich auf alles Zugriff haben, was in den typischerweise US-Clouds gespeichert wird. Man traut den Amis halt nicht.

Beispiel zwei: Auch die heimische Politik hat sich jüngst nicht mit Ruhm bekleckert, was den Zugriff auf anderer Leute Daten angeht. Was Insider sich eigentlich schon immer gedacht haben, kam nun ans Licht: Der Bundestrojaner wird häufiger eingesetzt als geplant, für viel banalere Sachen als die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, und ist zudem noch schlampig programmiert. Patriot Act gegen Bundestrojaner eins-zu-eins unentschieden. Den Bundesbehörden können wir also auch nicht so richtig trauen.

Beispiel drei: Advanced Persistent Threats (APTs). Stuxnet ist ja originär auch irgendwie ein öffentliches Problem. Staatlich sanktionierte Sabotage wird vermutet. Ob das beim jüngst aufgetretenen DuQu-Trojaner auch der Fall ist, darf bezweifelt werden, aber einige Code-Teile sind denen von Stuxnet zumindest ähnlich. Vieles am DuQu-Trojaner ist noch unklar, und Unwissenheit schürt zunächst einmal natürlich auch wieder Misstrauen.

Arme IT. Kein Geld, und ständig im Clinch mit der Politik. Deshalb an dieser Stelle der Appell: Mut zum Risiko. Die Regierungen haben es dieser Tage vorgemacht: Der Kanzlerin war die Rettung des Euros wichtiger als die Rettung der Koalition. Im Ergebnis erlässt Europa Griechenland 50 Porzent der Schulden und stemmt eine Billion Euro (1,4 Trillionen US-Dollar!). Das Risiko ist erheblich, aber der politische Gewinn ist es ebenso. Das kann die IT auch. Alte Infrastrukturen hinter sich lassen, die nur noch als Ballast wirken. Applikationen in Rente. Und sich stattdessen einlassen auf neue Technologien, auch wenn der sicherheitsbewusste Deutsche dabei erhebliches Bauchgrummeln hat. Kundenpflege über soziale Netzwerke betreiben, Mitarbeiter-Smartphones und -Tablets an die Unternehmens-IT anschließen, und allem voran natürlich: Cloud-Technologien nutzen, auch wenn die Daten möglicherweise in die USA wandern. Ein bisschen kann man den USA schon vertrauen. Man muss sich halt nur trauen.